Passauer Erfolgsmodell „Ferien im Schloss“ zeigt, wie Ganztagsbetreuung kindgerecht und wirkungsvoll gelingt
München/Passau, 1. Juli 2025 – Ab 2026 haben Grundschulkinder bundesweit einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung, der auch für die Schulferien gilt – ein Meilenstein für Familien, aber auch eine enorme Herausforderung für Kommunen. Der Kinderschutzbund warnt: Der gesetzlich verankerte Anspruch wird ohne die Einbindung und Stärkung freier Träger nicht umsetzbar sein – und könnte andernfalls zu einem „Rechtsanspruch ohne Angebot“ werden.
„Das Kind muss im Mittelpunkt stehen – nicht nur die Erfüllung gesetzlicher Mindestvorgaben“, betont Susanna Kaiser, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Bayern. „Dafür braucht es kreative, verlässliche, lokal verankerte Lösungen – wie unser Ferienprogramm in Passau.“
Erfolgsmodell aus Passau: Ferienbetreuung mit Qualität und Herz
Das Ferienprogramm „Ferien im Schloss“ wird seit über 20 Jahren vom Kinderschutzbund Passau angeboten und betreut jedes Jahr in den ersten drei Sommerferienwochen bis zu 160 Kinder täglich ganztags – von 7:30 bis 16:00 Uhr. Organisiert wird es durch ein pädagogisches Leitungsteam und ein großes Netzwerk an ehrenamtlichen Betreuer:innen und Partnern aus der Stadtgesellschaft.
Besonders bemerkenswert:
- Eltern zahlen lediglich 10 Euro pro Tag inklusive Frühstück, Mittagessen, Obstsnacks und Getränken.
- Im Vormittagsbereich gibt es Deutsch-Intensivkurse für Kinder mit Sprachförderbedarf.
- Die Kinder entscheiden täglich selbst, an welchen der über 100 Workshops sie teilnehmen – von Voltigieren über Karate bis zur Medienwerkstatt.
- Die Angebote werden ehrenamtlich gestaltet von Vereinen, Privatpersonen und Kulturschaffenden der Region.
„Unser Ziel ist es, Eltern während der Ferien zu entlasten und Kindern eine echte Zeit des Entdeckens, Ausprobierens und der Gemeinschaft zu ermöglichen“, sagt Julia Stern, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Passau.
Finanzierung durch Spenden, Engagement und kommunale Unterstützung
Das Programm wird durch die Stadt und den Landkreis Passau mit einem festen Betrag pro Kind gefördert. Rund 30 Prozent der Gesamtkosten von ca. 50.000 Euro werden jedes Jahr über Spenden aus der Wirtschaft und von Privatpersonen gedeckt – ein Kraftakt, den der Kinderschutzbund Passau mit großem Engagement leistet.
Trotzdem bleibt die Finanzierung prekär und projektbasiert – ein Zustand, der mit Blick auf den Rechtsanspruch ab 2026 nicht tragfähig ist.
Ganztagsanspruch 2026: Anspruch vs. Realität
Laut einer Stellungnahme des Kinderschutzbund Bundesverbands zum Ganztagsförderungsgesetz fehlen bislang klare Perspektiven für freie Träger. Obwohl sie vielerorts bereits heute den Großteil der Betreuungsangebote stemmen, sind sie weder systematisch in Planungsprozesse eingebunden noch verlässlich finanziert.
Ein Bericht des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) zeigt: Tausende Fachkräfte fehlen, bauliche Kapazitäten sind vielerorts unzureichend, und viele Kommunen kämpfen mit der Ressourcenplanung. Noch immer ist unklar, wie Ferienzeiten im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs konkret berücksichtigt werden sollen.
Appell des Kinderschutzbundes Bayern: Dialog mit freien Trägern jetzt verankern
„Das Passauer Modell zeigt, wie tragfähig, kindgerecht und integrativ Ferienbetreuung gelingen kann – wenn man freie Träger systematisch einbindet“, so Susanna Kaiser. „Wer den Rechtsanspruch ernst nimmt, muss bestehende Strukturen nutzen, sichern und ausbauen. Das Rad muss nicht neu erfunden werden – aber es muss zuverlässig rollen dürfen.“
Der Kinderschutzbund Bayern fordert:
- Verbindliche Einbindung freier Träger in kommunale Planungen
- Nachhaltige Finanzierung statt projektbasierter Zuschüsse
- Qualitätsstandards, die über reine Aufbewahrung hinausgehen
- Flexibilität bei Angeboten, insbesondere während der Ferienzeiten
Denn Ferien sind keine Schule. Sie sind Raum für Neues – für Entwicklung, Sprache, Freundschaft und Selbstbestimmung. Angebote wie „Ferien im Schloss“ machen das möglich. Auch nach 2026.